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Vorstellung des 19. Johnson-Jahrbuchs

|   Buchvorstellung | #Johnson-Jahrbuch#Johnson in der Schule#Uwe Johnson-Archiv#Jahrbuch

Hochschule für Musik und Theater (Beim St.-Katharinenstift 8 | 18055 Rostock)

Am 6. Dezember 2012 stellte die Uwe Johnson-Gesellschaft im Orgelsaal der Hochschule für Musik und Theater (HMT) in Rostock vor rund 50 Gästen das dritte ›Rostocker‹ Johnson-Jahrbuch vor. Die insgesamt 19. Ausgabe, so Prof. Holger Helbig in seiner Begrüßung, löse die Maxime vom Vorjahr ein: »Ein Jahr, ein Jahrbuch«. Angesichts der zu bewältigenden Arbeit im vergangenen Jahr, Helbig erinnerte beispielhaft an die Unterzeichnung des Letter of Intent im Juli, die Einreichung des Antrags zur Förderung einer Uwe Johnson-Werkausgabe bei der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) und nicht zuletzt den Umzug des Uwe Johnson-Archivs von Marbach nach Rostock, hätte man sich für eine Verzögerung des Erscheinungsdatums in diesem Jahr nicht entschuldigen müssen. Dass das Jahrbuch planmäßig erschien, sei zuerst den beiden Redakteuren, Sebastian Horn und André Kischel, zu verdanken und sodann Antje Pautzke, die die Organisation des Umzugs von der Redaktion ferngehalten habe. Allen dreien dankte Prof. Helbig und überreichte ihnen im Namen der Uwe Johnson-Gesellschaft ein Präsent.

Den Umschlag des neuen Jahrbuchs zeigt, wie bereits in den beiden vorangegangenen Jahren, eine bis dato unveröffentlichte Fotografie von Uwe Johnson, dieses Mal in einer Pose, die ihm später eher unangenehm war: als Schriftsteller beim Fotografiertwerden. Zum bisher unveröffentlichten Material gehört auch der Briefwechsel zwischen der Schülerin Gisela Lange und Uwe Johnson, der vollständig wiedergegeben wird.

Erneut lässt sich von einem ›Rostocker‹ Jahrbuch sprechen. Neben einem Beitrag des Rostocker Germanistikprofessors Lutz Hagestedt enthält es zwei Aufsätze, die aus Vorträgen auf der Rostocker Johnson-Kempowski-Tagung im Mai dieses Jahres resultieren. Und nicht zuletzt sei im Hinblick auf das Rostocker Archiv der Aufsatz von Eva Schauerte interessant, in dem Johnsons Zeitungsausschnittsammlung und deren Verarbeitung in den Jahrestagen genauer betrachtet wird.

Nach dem Überblick über das aktuelle Jahrbuch stellte die Lehramtsstudentin Heide Meincke ihre Examensarbeit vor. Als angehende Gymnasiallehrerin interessiere es sie, wie Schülerinnen und Schüler für das literarische Werk Johnsons begeistert werden können. Während des Projekts Johnson in der Schule im Jahr 2011 am John-Brinckman-Gymnasium in Güstrow sei ihr aufgefallen, dass sich die Schülerinnen und Schüler in Johnsons Ingrid-Roman besonders für das Thema ›Freundschaft‹ interessierten. Daher untersuchte sie diesen in der Johnson-Forschung nahezu unbeachteten Aspekt in ihrer Staatsexamensarbeit. Johnson liefere, so Meincke resümierend, in seinem Roman zwar keine explizite Definition von Freundschaft, aber sie lasse sich durch Begriffe wie Vertrautheit, Treue und Vertrauen umschreiben. Insbesondere durch die Gegenüberstellung von ›wahrer Freundschaft‹ – der zwischen Ingrid, Klaus und Jürgen – und ›falscher Freundschaft‹ – wie sie etwa Direktor Siebmann Jürgen anbietet – sowie vermittelt über intertextuelle Verweise werde in Ingrid Babendererde ein Konzept von Freundschaft konstituiert. Obwohl durch die Freundschaft der drei Jugendlichen die Möglichkeit eines ›richtigen Lebens im falschen‹ aufscheint, endet der Roman mit der Flucht von Ingrid und Klaus in die BRD.

Zum Abschluss gaben Antje Pautzke und André Kischel einen Einblick in die Organisation und Durchführung des Umzugs des Uwe Johnson-Archivs vom Deutschen Literaturarchiv in Marbach (DLA) in den Bücherspeicher der Universität Rostock. Die beiden Mitarbeiter der neu eingerichteten Forschungsstelle reicherten ihren Vortrag mit zahlreichen Fotografien und Anekdoten an, die die vorbereitenden Besuche in Marbach sowie den Umzug des Archivs in der Woche vom 15. bis 19. Oktober veranschaulichten. Gezeigt wurden auch Objekte, die sich partout weigerten, in standardisierte Umzugskartons verpackt zu werden. Die vier am Umzug beteiligten Teams mussten sich daher immer wieder individuelle und kreative Verpackungen ausdenken, was den Besuchern im Saal nicht nur einmal ein Lachen entlockte. Antje Pautzke und André Kischel dankten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Deutschen Literaturarchivs in Marbach, der Universitätsbibliothek Rostock und den Fahrern von der Firma Fries, ohne deren Hilfe der Umzug nicht so reibungslos von statten gegangen wäre. Im Anschluss an den offiziellen Teil fand im Foyer der HMT ein kleiner Empfang statt. Deutlich begehrter als der Sekt waren die Plätzchen: Sie hatte die Form der ›Katze Erinnerung‹. Kaum einer verließ den Saal, ohne sich mit Wegzehrung versorgt zu haben.